An dieser Stelle berichtet Niklas Dörr über den laufenden Fortschritt bei der Restaurierung der Auenorgel. Seine Infos sind chronologisch absteigend sortiert.
Der Blog beginnt im Juni 2021 mit der Vertragsunterzeichnung für den umfassenden Restaurierungsauftrag. Wichtge Meilensteine waren im März 2022 mit dem Beginn des Abbaus der Orgel und anschließend mit der Überarbeitung in der österreichischen Orgelbauwerkstatt Rieger erreicht. Am 27. Februar 2023 startete der Wiederauf- und -einbau des inzwischen restaurierten Instruments in der Auenkirche. Seit Mai läuft nun die Intonation.
Besuch am Vormittag in der Orgel. Zahl der Pfeifen hat sichtbar zugenommen. Im Schwellwerk 2 wird's voller. Es geht voran.
Die Frühschicht beschäftigt sich gerade mit der Kupferflöte 4'. Die Pfeifen fallen optisch auf: Ihre ungewöhnliche Farbe rührt von dem Kupfer her, das dem Register seinen Namen gibt, plus altersgemäßer Patina. Gut zu sehen sind die neuen Stimmschlitze, die bei der Restaurierung in die historischen Pfeifen eingefügt wurden, nachdem die originalen vielfach ausgerissen, schlicht verschlissen waren. – Alle Pfeifen sind aus ihrem Reisekarton ausgepackt, sortiert und im Pfeifenstock eingestellt.
Im ersten Durchgang werden sie nun grob gestimmt. Pfeife für Pfeife prüft Christian die Tonhöhe. Es piept quasi unaufhörlich. Etliche von den kleinen (hohen) Pfeifen werden oben etwas gekürzt und/oder gekulpt, bis alles passt. Feinarbeit!
Seit Montag ist das Intonationsteam von Rieger dabei, die Pfeifen akustisch richtig einzustellen. Tag und Nacht! Um das Riesenpensum zu schaffen, wird in zwei Schichten gearbeitet. Zwei Männer sind von 4:00 bis 14:00 Uhr und zwei andere von 14:00 bis 24:00 Uhr (und gerne auch mal länger) im Einsatz.
Am Donnerstagabend schaut der Kreiskantor vorbei und lässt sich von Reiner Schuhenn den Stand zeigen. Prinzipal 16' und 8' sind schon eingerichtet. Kleine Klangdemonstation, kurzes Fachgespräch unter Organisten ...
Dann geht's auch schon weiter. Im Schwellwerk 1 ist gerade das Salicional 8' an der Reihe. In der mittleren Lage klingt es noch nicht "salicional" genug, also müssen die Aufschnitte hier etwas verkleinert werden. – Gutes Gelingen, liebe Nachtarbeiter!
Unter der Überschrift "Respekt gegenüber den Vorfahren" stellt die Fachzeitschrift "organ – Journal für die Orgel" auf vier Seiten seiner Frühjahrsausgabe die Restaurierungsabteilung von Rieger Orgelbau vor und beschreibt deren Struktur und Arbeitsweise sowie beispielhafte Restaurierungsprojekte. Darunter natürlich auch die Auenkirche, wo wir uns von der im Text erwähnten Beibehaltung der alten Bautechnik und Verwendung historischer Materialien bereits überzeugen konnten.
Am Mittwoch ist das Team fertig: Der technische Aufbau der restaurierten Auenorgel ist abgeschlossen! Haken dran an Meilenstein Nummer 4. Der im Zeitplan eingebaute Puffer wurde nicht benötigt. Johannes, Timo und Tobias haben sich eine Pause verdient und dürfen endlich mal wieder nach Hause reisen. Pfarrerin und Kantor verabschieden sie zufrieden mit einem Abendessen beim Italiener.
Am Donnerstag fällt die Stille in der Kirche auf. Merkwürdig, dass kein Sägen, Saugen, Rufen oder Tuten mehr zu hören ist. Und die Orgelempore sieht auch so ungewohnt leer aus.
Spielbereit ist die Orgel freilich noch nicht. Im Mai wird das Intonationsteam erwartet und mehrere Wochen zu tun haben, alle 6.000 Pfeifen akustisch einzurichten. Damit diese dabei gut erreichbar sind, sind auch noch nicht alle platziert. Sie nacheinander von den Kisten in ihren jeweiligen Pfeifenstock zu setzen, erledigen die Intonateure dann gleich mit.
Das Auxiliarwerk ist ein Neubau innerhalb der historischen Auenorgel. Es ergänzt fehlende Klangfarben im Stil der frühen 1920er Jahre, konkret fünf Solostimmen mit der Option auf zwei weitere Register. – Die ersten sind nun eingezogen, wie die Bilder zeigen. Das helle Holz von Pfeifen und Schwelljalousien belegt das neue Fertigungsdatum, die schwarzen Pappröhren für die Windzufuhr und die Beschriftung demonstrieren das alte, historische Konzept.
Eine Etage tiefer ist nun auch die Lade des "kleinen Hauptwerks" fast vollständig bestückt. Der Pfeifenbesatz ist alt, das eine oder andere Rasterbrett aber im Zuge der Restaurierung erneuert worden. Ergibt in der Draufsicht an dieser Stelle eine Art Zebrastreifenmuster ...
Nach dem Mittag geht's weiter. Der Spieltisch schwebt nach oben. Die Kranfahrten laufen mittlerweile so routiniert ab, dass die Reise einschließlich Polsterung, Sicherung und Test kaum zehn Minuten dauert. Voilà.
Auf der Orgelempore angekommen, wandert der Netzstecker sofort in die Steckdose, und ein LAN-Kabel verbindet den Spieltisch mit der Orgelelektronik. Klar, dass da niemand widerstehen kann. Rasch ein paar Testtöne … Aaah, es klingt direkt schon nach Orgel.
Und trotzdem: Dieser neue Spieltisch wird bald wieder der alte sein. Es handelt sich nur um eine Leihstellung, weil der für die Auenkirche eigens konzipierte in der Werkstatt noch in Arbeit ist. Wenn der kommt, steht die nun geprobte Fahrt himmelwärts also noch einmal an.
Hoher Besuch in der Auenkirche: Prof. Dr. Michael G. Kaufmann und Oliver Horlitz aus der Expertenkommission zur Orgelrestaurierung begutachten den Stand der Arbeiten, nachdem die Technik ja im Wesentlichen steht. Projektleiter Timo Allgäuer erläutert ihnen im Detail, wo wann wie was und warum gearbeitet wurde.
Mit dem, was sie sehen, sind die Sachverständigen nicht zufrieden – sie sind sehr zufrieden. Ihr Urteil fällt eindeutig aus: "Ich bin begeistert", sagt der eine, "Großes Kompliment!", formuliert der andere zur Arbeit von Rieger Orgelbau in Berlin-Wilmersdorf.
Es bleibt natürlich noch Etliches zu tun. Reichlich Kisten mit Orgelpfeifen stapeln sich nach wie vor im Kirchenraum und warten darauf, ausgepackt zu werden. Viel Fleißarbeit. Und dann ist da ja auch noch, dem Reisekäfig bereits entsprungen, ein Spieltisch ...
... und so sehen die fertig gekröpften tiefen Töne C, Cis, D und Dis der Quintade 8' aus. Johannes ist inzwischen dabei, die Klarinette 8' in den Doppelschweller zu setzen. Gut, dass er zwei Hände hat: Mit der Rechten feilt er rasch ein Loch im Rasterbrett breiter, während die Linke den dabei herunterrieselnden Holzstaub sofort aufnimmt. Davor, im normalen Schwellwerk 1, sind zwischenzeitlich Bordun 16', Minor-Prinzipal 8', Viola 8' und Harmonieflöte 8' angekommen.
Für die andere Seite, das Schwellwerk 2, werden derweil die Pfeifen sortiert. Auch die Aeoline 8' ist nach unten verlängert worden; die Unterschiede von "alt" und "neu" sind gut erkennbar. Auf dem Dach des Schwellkastens sind die Röhrenglocken bereits aufgehängt. Und zu deren Füßen wohnen nun, getrennt vom goldenen Stern, die Zimbeln des Zimbelsterns. Dieser hat seinen Drehtest heute übrigens schon bestanden.
Stück für Stück wächst der Pfeifenwald hinter dem Prospekt:
Gedackt 8' hat einen neuen Standort an der Nordwand zum Kirchturm hin gefunden. Das Pedalregister ist die jüngste Erweiterung der Auenorgel vor der Restaurierung und nach Planungen von Jörg Strodthoff erst 2014 realisiert worden.
Ebenfalls separat stehen einige Becher der Posaune 16' – diese hier oben auf dem Dach vom Schwellwerk 2, dessen neu belederter Stoßfänger ebenfalls wieder montiert ist. Direkt auf der großen Pedallade haben die kleinen Geschwister der Langen Kerls vom Untersatz 32' Stellung bezogen.
Jetzt wird am Positiv gearbeitet. Rohrflöte 4', Holzgedackt 8' und Quintade 8' ziehen gerade ein. Moment, was ist das – eine Beschriftung in Normalschrift? "Ja", sagt Schriftexperte Tobias, "dieses Teilwerk stammt aus den 1960er Jahren, da wäre Sütterlin fehl am Platz. Das setzen wir nur bei den Furtwängler&Hammer-Pfeifen ein."
Die Quintade 8' hat zwölf neuen Pfeifen bekommen, wie die Originale mit einer 50%-Legierung gegossen, was die auffällig gescheckte Struktur ergibt. Das vormalige 4'-Register ist nun "unten" um eine Oktave verlängert. Da die großen Pfeifen über den Prospekt hinausragen würden, werden vier von ihnen gerade noch gekröpft: zwei um 90° und zwei um 180°.
Der Prospekt steht! Wer jetzt zur Orgelempore hochblickt, kann sich endlich wieder am bekannten Anblick erfreuen. Die polierten Pfeifen vom Prinzipal 16' und Prinzipal 8' sowie die stummen Zierpfeifen haben ihre angestammten Plätze eingenommen. Die kleinen Dellen, die zwei von ihnen beim Verladen in den LKW erlitten hatten, sind in der mobilen Karosseriewerkstatt bereits "ausgebügelt". Wieder Glanz in der Auenkirche, optisch ein echter Meilenstein – wie schön!
Lediglich die drei zentralen Pfeifen musste Johannes noch mal kurz ausstellen, um den dahinter liegenden neuen Kabelkanal dunkel anstreichen zu können. Nicht, dass später was Hellgraues durchschimmert – das Auge hört schließlich mit!
Die mitgelieferte Palette frisch gebackener Backsteine ist oben auf Schwellwerk 1 verbaut worden. Einige beschweren den Stoßfänger, der größte Teil aber ist am Werkbalg des Auxiliarwerks im Einsatz.
Unterhalb des Schwellwerks 1 ist der Tremulant frisch montiert und wird gerade zur Windversorgung an den dazu gehörenden Werkbalg angeschlossen (samt weiterer der papierverpackten Steine). – Dass Timo den Windbalg per Staubsauger manuell entlüftet, ist ein skuriler Zufallstreffer des Fotografen; natürlich muss der Holzstaub vom Bohren des Anschlusses für das Windrohr zum Tremulanten entfernt werden, bevor wieder richtiger Wind durch die Anlage weht.
Um 13 Uhr kommt der LKW. Das Rangieren und rückwarts Reinfahren geht ganz problemlos. Spezialmatten schützen dabei Bordsteinkante und Regenrinne. Und nicht ein falsch geparkter PKW musste zuvor abgeschleppt werden!
Beim Öffnen der Ladeluken kommt allerlei Material zum Vorschein. Windstoßfänger, Backsteine, Pedalpfeifen und vor allem unzählige Kisten mit Pfeifen, Pfeifen, Pfeifen, alle fein säuberlich beschriftet. Ganz oben lagern auf polsternder Holzwolle die glänzenden Prospektpfeifen und werden einzeln in die Bankreihen in der Kirche getragen. Alles andere rollt mit dem "Hund" rein. Der Spieltisch, der aussieht, als hätte man Kingkong im Käfig verschifft, ist zu groß für die Seitentür, er darf durch das Hauptportal einziehen, auch wenn dort keine Rampe den Weg ebnet.
Der Spieltisch ist jedoch nur ein Provisorium. Das für die Auenkirche vorgesehene Stück ist noch in Arbeit. Monatelange Lieferschwierigkeiten bei den elektronischen Teilen – kennt man ja aus der Zeitung – ließen sich in der Werkstatt noch nicht aufholen. Bis zum Sommer behelfen wir uns leihweise mit einem älteren Modell.
Herzlichen Dank den helfenden Händen von Christoph, Eckhard, Kerstin, Konstanze, Kristina, Miro, Niklas, Paul und Silke beim Ausladen! Mit vereinten Kräften war um 16 Uhr alles erledigt, der leere LKW-Laderaum ausgefegt und die Wilhelmsaue wieder zum Parken freigegeben.
Der Einbau der großen Orgel in der Auenkirche liegt gut im Plan, alles "Material" steht soweit. Nach sechs Wochen in Berlin hat sich das Rieger-Team ein paar Tage Pause von Bohrmaschine und Leimspritze verdient. Die kleine Naschbox ist auch schon leer.
Herzlichen Dank, lieber Tobias, Timo, Karl, Georg und Joonghae (v.l.n.r.), für euer Engagement und eure tolle Arbeit an unserer Auenorgel!
Wir freuen uns schon auf die nächste Runde nach Ostern. Dann bringt ein LKW-Transport alle Pfeifen wieder nach Wilmersdorf, und der Einbau geht weiter. Die Halteverbotsschilder für die Anlieferung am 12. April sind bereits aufgestellt.
Noch ein Detail ist zu entdecken: Unten links, vor dem Hauptbalg, hat sich die Nachtigall wieder in der Orgel eingenistet! Ihr Nistkasten ist an einem Windkanal befestigt, der das darüber liegende Schwellwerk 2 versorgt.
Und wie dessen Klänge gehört ja auch das Vogelgezwitscher, das diese später im Wasser stehende Pfeife von sich gibt, musikalisch in die Barockzeit. Kleine Kostprobe, noch vor der Restaurierung aufgenommen, gefällig?
... ist der Orgelkasten nun ordentlich elektrifiziert. Fest installierte Leuchtstoffröhren spenden Licht, so dass auch ohne Stirnlampe oder Baustrahler was zu sehen ist. Und siehe da, es gibt sogar Anschluss an das "Neuland". – Kein Wunder, dass Insta-Bloggerin Kerstin oben auf Schwellwerk 1 ihren Lieblingsplatz gefunden hat und dort Aprilscherze ausheckt ...
Eine Sisiphus-Arbeit beginnt. In allen Windladen müssen alle Löcher gecheckt werden. Und zwar einzeln, schließlich soll jeder Ton ja später auch einzeln erklingen, ohne dass etwa die Nachbarpfeife mit ertönt.
Karl hat im Schwellwerk 1 schon mal angefangen, den schützenden Klebestreifen entfernt und prüft mit einer Testpfeife, während ein Kollege auf Zuruf den Tastendruck simuliert (z.B. mit dem "Stimm-Handy"), ob alles korrekt mit Wind versorgt ist: tuuut!
So geht das Loch für Loch, Register für Register. Insgesamt 6.000 Mal.
Das kann noch eine Zeit lang dauern.
Wie kommen nun, nachdem die notwendigen Aufbauarbeiten erledigt sind, die gigantisch großen Pfeifen, die schon seit Wochen im Querschiff auf ihren Einbau warten, auf ihre Plätze im Orgelinneren? Es erfordert einiges Geschick, das die Rieger-Männer einmal mehr unter Beweis stellen. Außerdem sind natürlich Lastenkran und Flaschenzug wieder gefragt.
Auf diesen Bildern – und noch besser in den drei Videos – lässt sich das aufwändige Prozedere verfolgen. Beim Bewegtbild spielt der Ton auch eine Rolle: Das laut schleifende Geräusch stammt von den Ketten des Flaschenzugs, der mehrfach groß übersetzt ist, so dass viele Meter Bewegung erforderlich sind, damit sich die schweren Pfeifen dann aber auch "kinderleicht" heben lassen.
Fertig installiert, nehmen die fetten Bässe der Register Untersatz 32' (die gedeckten Pfeifen, hinterste bzw. linke Reihe), Prinzipalbass 16' (davor bzw. in der Mitte) und Violonbass 16' (vorn gut sichtbar bzw. rechts, haarscharf neben dem hellen Auxiliarwerk) die ganze Höhe über alle drei "Etagen" im Orgelinneren ein. Das große C vom Untersatz ist der tiefste Ton der Auenorgel, die Pfeife misst in der Länge sechs Meter!
Auch wenn die Männer von Orgelbau Rieger alles andere als klein gewachsen sind und wirklich Großes leisten, nehmen sie sich neben diesen preußischen Langen Kerls doch vergleichsweise klein aus. ;-)
Nach sechs Tagen erneut ein Fotoshooting im Orgelkasten. Wieder gibt es reichlich Fortschritte zu sehen: Das neu gezimmerte Auxiliarwerk hat inzwischen bewegliche Lamellen bekommen, der Stimmgang ist mit einem Geländer gesichert und das Werk an die Windversorgung angeschlossen. Überhaupt: Die Orgel steht bereits unter Wind!
Als erste Pedalpfeifen haben die roten Becher der Posaune 32' ihre Posten bezogen – wenn auch erst mal nur zur Probe, richtig im Stock stehen sie noch nicht.
Auf dem Dach des Schwellwerks 2 ist ein neues Ständerwerk für die Röhrenglocken errichtet worden. Das vorherige war doch arg wackelig – und sowieso auf Schwellwerk 1 falsch platziert, denn das Positiv, dem die Röhrenglocken zuzurechnen sind, steht ja hier auf der vom Kirchenraum aus gesehen linken Seite.
Bei den Prospektwänden rechts und links außen sind die "Schießscharten" geschlossen. Das jedoch nur optisch, aber nicht klanglich: Denn anstelle der zuvor verbauten Sperrholzplatten sind die gold umrandeten Fensterchen nun mit gepanntem Stoff verblendet; beim Abbau fanden sich dort dankenswerterweise noch Reste der Originalbespannung, nach der Repliken gefertigt werden konnten. Der Stoff lässt die zarten Klänge der Schwellwerke dahinter nun gut in den Kirchenraum passieren, anstatt sie abzublocken.
Von der Seite sieht es fast aus wie das Holzmodell eines Kleinwagens. Oder ein Tiny House. Oder eine Sauna. – Nichts von alledem stimmt. Ganz hinten, ganz oben in der Kirche entsteht das neue Auxiliarwerk. Es unterstützt die Auenorgel mit verloren gegangenen oder fehlenden Registern und vervollständigt so das spätromantische Klangkonzept.
Wer draußen vor der Kirche steht und das Glasmosaik über dem Portal bewundert, kann künftig wissen: Genau dahinter stehen die Pfeifen des Auxiliarwerks. Am Rundbogen ist das gut zu erkennen. Außen Christus als Weltenherrscher, innen romantische Königin.
Es bleibt nicht so transparent, wie die Fotos es zeigen. Die "Fenster" werden noch mit Holzlamellen verschlossen, die wie beim Schwellwerk 1 und 2 durch Öffnen und Schließen eine Feinregulierung der Lautsärke erlauben. Probesitzen oder ‑liegen innen drinnen, wie der Fotograf es getan hat, ist auch nur noch möglich, bis die Pfeifen einziehen.
Im Kirchenraum ist das alles nicht zu sehen, so geschickt ist die Konstruktion trotz knappen Platzes zwischen Wand und Prospekt eingepasst.
"Keine Sorge, ich komme wieder", sagte Tobias, als er letzte Woche das Rieger-Team in der Auenkirche verließ. Grund für die kurze Auszeit: In Wien stand die Abschlussprüfung nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit an. Zurück in Wilmersdorf, präsentiert er nicht ohne Stolz seinen Gesellenbrief. Herzlichen Glückwunsch, frisch gebackener Orgelbauer!
Nebenbei erwähnt: Tobias hat seine Prüfung mit Auszeichnung bestanden! Die österreichische Allgemeine Lehrabschlussprüfungsordnung sagt in §9 (4): "Die Prüfung ist 'mit Auszeichnung bestanden', wenn wenigstens die Hälfte der Prüfungsgegenstände mit der Note 'sehr gut' und die übrigen Prüfungsgegenstände mit der Note 'gut' bewertet wurden, wobei auch alle Prüfungsgegenstände der praktischen Prüfung mit der Note 'sehr gut' bewertet sein müssen." – Wow.
Wirklich wundern tut das eigentlich nicht. Tobias brennt sichtlich für seinen Beruf. Er setzt sich als Ausbildungsbotschafter für den Orgelbau ein und ist zuletzt erst durch seine besondere Handschrift aufgefallen ...
Am Mittwochnachmittag hält die Windlade des großen Hauptwerks Einzug. Sie trägt später die allerwichtigsten und am häufigsten genutzten Pfeifen der Orgel. Anreise wie üblich über Kran, Hund und viele stützende Hände.
Am Donnerstagvormittag wird die Lade an ihrem alten Standort aufgeständert: in der "1. Etage" zwischen dem Schwellwerk 1 und der großen Pedallade (die freilich im "Erdgeschoss" steht). Bis zum Mittagessen bauen Timo und Georg noch einen Laufboden. Fertig. Guten Appetit!
Fotos 1 und 2: Kerstin Kerkmann
Heute ist die große Lade des Pedals installiert worden, das Klangfundament ihrer Majestät. Der Standort hat sich um 30 Zentimeter nach vorn verlagert, ist aber ansonsten wie zuvor. Der Grund: Ganz hinten an der Wand steht jetzt (bzw. künftig – bislang ist nur der Stock mit zugeklebten Löchern zu sehen) die Posaune 32' (ihre markanten roten Becher sind derzeit noch im Querschiff gestapelt). Der Blick von ganz oben auf dem Schwellwerk-2-Gehäuse über drei "Etagen" nach unten macht klar, das hier wirklich ganz lange Pfeifen Platz nehmen werden, die fette, tiefe Töne von sich geben.
Parallel zum kleinen Hauptwerk vor Schwellwerk 1 auf der rechten Orgelseite wird heute auf der linken Seite das Positiv vor Schwellwerk 2 montiert. Via Gerüst und Lastenkran hat es die schwere Windlade schon auf die Orgelempore geschafft. In das Gehäuse fährt sie mit einem Hund. Die zwei Etagen, die sie im Inneren der Orgel nun noch nach oben muss, überwindet sie mit einem Flaschenzug. Dieser ist oben am Stützbalken der Prospektwand aufgehängt. Gut, dass Timo und Georg schwindelfrei sind! Sie wuchten die Lade schließlich, von unten gut abgestützt, an ihren Standort gleich hinter dem Prospekt.
Auf unserem Instagram-Kanal ist die ganze Reise der Positiv-Lade, die eine gute Dreiviertelstunde gedauert hat, noch einmal in einem knapp sechsminütigen Film zu sehen.
10. März 2023
Einige weitere Pfeifen haben Platz genommen. Die fünf Töne vom großen C bis zum großen E des Prinzipal 16' nehmen eine Ausnahmestellung ein. Sie sind nicht nur die tiefsten Töne eines der wichtigsten Registers der Auenorgel, sondern auch etwas stiefmütterlich im Orgelgehäuse platziert. Weil die Pfeifen so groß sind, lassen sie sich schwer dort "einreihen", wo sie eigentlich hingehören. Erst die 19 nächstkleineren Töne F bis h vom Prinzipal 16' stehen zentral im Prospekt. Das große E war in Vorzeiten auch mal eine Prospektpfeife, deshalb hat sie eine ganz andere Optik als ihre vier größeren Geschwister, wurde aber dann bei einem früheren Umbau nach innen verzogen. Die fünf "Dicken" waren zuletzt (vom Kirchenraum aus gesehen) vorn rechts außen nebeneinander platziert. Nun wohnen sie auf der gegenüberliegenden Seite, ganz vorn links, und zwar hintereinander.
Während die Kantorei den arbeitsfreien Internationalen Frauentag für eine Sonderprobe nutzt, wird an der Orgel fleißig weiter gearbeitet. Timo, Joonghae, Karl und Georg sind, jedenfalls arbeitsrechtlich, Österreicher, da zählt die Berliner Feiertagsregelung nicht.
Vorne rechts (vom Kirchenschiff aus gesehen) wurde die Windlade für das "kleine Hauptwerk" eingebaut. Es beherbergt wie zuvor die kleinsten Pfeifen des wichtigsten Teils der Auenorgel. Sein Standort liegt jedoch nun gut anderthalb bis zwei Meter höher als zuvor. So entsteht darunter mehr Platz, und die Bereiche sind später, etwa zum Stimmen, leichter zugänglich; vor allem aber können die zarten Klänge vom Schwellwerk 1 freier in den Kirchenraum abstrahlen und sind dort, gerade in den feinen Nuancen, besser hörbar.
Nachdem der Hauptbalg platziert ist, entsteht nun darüber wieder das Schwellwerk 2. Am Dienstagmittag tragen die Stelzen bereits die Windladen, am Mittwochnachmittag ist das Gehäuse schon fertig gebaut.
Ganz hinten an der Wand sind sogar schon C, Cis und D vom Salicet 16' eingezogen – die ersten Pfeifen, die wieder ihr Zuhause gefunden haben. Alle übrigen unbewohnten Löcher sind zum Schutz vor Verunreinigungen während der Bauarbeiten noch abgeklebt.
Der Maestro, von der Chorprobenpause im Saal kurz zu Besuch herübergekommen, ist zufrieden.
Und nun zum Wetter. Reichlich Wind ist zu erwarten. Aber voraussichtlich nicht zu hören. Denn der Gebläsemotor hat eine Schallisolierkammer bekommen, gut versteckt und von außen unsichtbar, wenn das Chorpodest normalerweise verschlossen ist.
Der Hauptbalg ist inzwischen auch an seinem angestammten Stellplatz an der Nordwestecke der Orgelempore angekommen. Von hier aus tragen die mächtigen Windkanäle den Wind in alle Bereiche der großen Orgel.
Äußerlich ist das Schwellwerk 1 schon fertig gezimmert. Sieht aus wie ein Spielparadies für Kinder, ist aber, akustisch betrachtet, ein "Rückzugsort" für 15 Register von Bordun 16' bis Harmonia aetheria 3-4fach sowie Englischhorn 16' und Trompete 8'. An der dunklen Holzfarbe lässt sich gut erkennen: Es ist tatsächlich das alte Schwellwerk, das hier spätestens seit den 1920er Jahren steht.
Die Windversorgung ist ein wichtiger Punkt bei der Auenorgel. Der neue Gebläsemotor aus Italien ist bereits am neuen Standort unter dem Chorpodest (darüber stehen stets die Herren Tenöre) eingebaut. Er zieht, das ist ebenfalls neu, Luft aus dem Orgelinneren, sprich bereits richtig temperiert für das Instrument. Ein Filtervlies schützt dabei Windkanäle, Bälge, Drosselklappen und auch die Pfeifen vor Staub und Schmutz. Oberhalb des Ansaugschachts wird in Kürze der große, sorgsam restaurierte Hauptbalg montiert, der derzeit noch im Kirchenvorraum auf seinen Aufruf wartet.
Der Aufbau der Auenorgel beginnt an der Nordost-Ecke. Hier entsteht wieder das Schwellwerk 1. Was auf den ersten Blick wie ein Hochbett anmutet, sind die beiden aufgeständerten Windladen des Werkes. Oben drauf werden später die Pfeifen stehen und von einem Gehäuse mit Vertikallamellen, den Schwellern, verkleidet sein.
Neu ist der Doppelschweller an der Rückwand. – Er ist natürlich nicht neu, sondern war nur die letzten Jahrzehnte nicht mehr da und wird jetzt rekonstruiert. In diesen "Kasten im Kasten" innerhalb des Schwellwerks 1 werden die Register Vox humana 8', Klarinette 8' und der Echo-Bordun 8' einziehen und können hier in der Lautstärke zweifach, also besonders zurückhaltend und zart, geregelt werden.
Schönes Detail: Der junge Orgelbauer, der sich liebevoll darum kümmert, hat eigens die alte Sütterlinschrift erlernt, um die Registerreihen originalgetreu beschriften zu können.
Das Ausladen beginnt. Das fünfköpfige Werkstattteam wird dabei von einer Gruppe kräftiger Gemeindemitglieder unterstützt. Während leichte und mittelschwere Teile von Hand ihren Weg aus dem LKW finden, kommt bei den schweren Elementen der Hubwagen zum Einsatz. In die Kirche geht's dann entweder zu Fuß weiter oder mit dem "Hund" (wie man in Berlin zum Transport- oder Möbelroller sagt). Auf diese Weise wandern nach und nach Windladen, schon mal einige wenige Pfeifen und jede Menge Konstruktionselemente der Auenorgel ins Kircheninnere.
Die Neugier ist groß: Wofür ist dieses Ding, wo gehört jenes hin? An der Farbe des Holzes kann man immerhin erneuerte Bauteile leicht erkennen. Auch gut zu identifizieren: Die dunklen gigantischen Holzpfeifen – das sind die tiefsten Töne C bis H vom Register Untersatz 32', voll fette Bässe!
Und das gigantische Teil, die sich nur mithilfe von Gabelstapler und zahlreichen Händen heraushieven lässt, weil es so schwer ist? Das ist die Windlade des großen Hauptwerks, also wirklich ein Kernstück der Auenorgel. Sie bekommt eine eigene Fotoserie vom Aussteigen …
Am Schluss ist der LKW leer und die Kirche voll. Mit einer Königin in tauend Einzelteilen – das ist momentan alles andere als romantisch. Doch die heutige Aktion war nur der erste Streich. Ein weiterer Transporter aus Österreich wird noch folgen.
Einstweilen kann hier in Wilmersdorf der Aufbau schon mal beginnen. Bericht folgt.
Morgens um dreiviertel neun, als noch Raureif auf der Straße liegt, ist es so weit. Der LKW aus Österreich ist da! Das befürchtete Problem mit geparkten Autos ist beherrschbar. Zu eng ist es trotzdem in der Wilhelmsaue – der Sattelschlepper muss über den Mittelstreifen rangiert werden, um rückwärts vor dem seitlichen Eingang der Kirche zum Stehen zu kommen. Dort kann über die Rampe stufenfrei ausgeladen werden.
Bitte am Montag nicht vor der Kirche parken! Der Sattelschlepper, der die Auenorgel aus der österreichischen Werkstatt zurück nach Hause bringt, ist ein riesiger LKW, der nicht in die Wilhelmsaue einfahren könnte, wenn dort wie sonst immer rechts und links Autos abgestellt sind. Für die Anlieferung am 27. Februar ist extra eine Halteverbotszone eingerichtet worden. Wir bitten um Verständnis. Und um Beachtung des Halteverbots ab Montag früh – sonst müsste erst abgeschleppt werden, bevor die Orgel heim findet. Danke.
Nach fast einem Jahr Pause steht wieder ein Gerüst im Kirchenschiff, damit unsere Orgel – Stück für Stück versteht sich – auf die Orgelempore zurück schweben kann. Nächste Woche soll es endlich losgehen.
Denn die Restaurierungsarbeiten in der Orgelbauwerkstatt Rieger sind beendet. Haken dran an Meilenstein Nr. 3. Die Auenorgel wartet auf ihre Rückreise nach Wilmersdorf.
Das Gerüst in der Kirche hat den Vorteil, dass es die freie Sicht auf den leeren Prospekt nun etwas mindert. An den beklagenswerten Anblick konnten wir uns die ganze Zeit lang einfach nicht gewöhnen.
Dahinter hat sich aber schon was getan: Alte Rohre und Stromkabel wurden entfernt, Putzstellen ausgebessert und der marode Holzfußboden in der Mitte erneuert. Nur für einen neuen Anstrich der Rückwand hat es nicht gereicht. Macht aber nichts: Wenn unsere romanstische Königin erstmal wieder Platz genommen hat, wird von den Spuren der Vergangenheit an der Wand nichts mehr zu sehen sein.
Solange die Empore noch leer ist, nutzen wir die Gelegenheit, um noch einmal einen Orgelbau-Workshop zu veranstalten. Und zwar genau dort, hinter dem Prospekt, also quasi in der Orgel. Der von der Landeskirche geliehene Bausatz verdeutlicht das Funktionsprinzip des Instruments sehr anschaulich und bereitet Kindern wie Erwachsenen Freude beim Zusammensetzen. Nach einer unterhaltsamen Stunde erklingt die kleine Miniorgel dort, wo sonst die gewaltigen Klänge der Auenorgel Raum greifen. Ein eindrückliches Erlebnis!
Happy Birthday! Vor ganz genau 125 Jahren, am Reformationstag 1897, hatte die Auenorgel ihren ersten Auftritt: Beim Gottesdienst zur Einweihung der neu gebauten "Evangelischen Kirche in Deutsch-Wilmersdorf" begleitete sie den Gemeindegesang zu "Ein feste Burg ist unser Gott" und weiteren Chorälen.
Ausgerechnet zum Jubiläum steht das Orgelgehäuse nun "nackt" in der Kirche. So viel Platz war noch nie hier hinten. Der Anblick des vorübergehend leeren Prospekts schmerzt ein wenig. Aber es tröstet die Aussicht auf ein denkmalgerecht restauriertes Instrument im nächsten Jahr.
Es war ein Arbeitsbesuch in Österreich: Neben der Werksbesichtigung tauschten die Experten gleich planerische Details für den neuen Spieltisch der Auenorgel aus. Die Registerschalter beispielsweise werden aus Milchproteinen gefertigt! Aber was wo anordnen, so dass alles gut und griffbereit platziert ist? Da gerade eine ähnliche Orgel bei Rieger in Arbeit ist, konnte der Kantor dort gleich mal probesitzen ...
Fast sechs Monate nach dem Auszug aus der Auenkirche endlich ein Wiedersehen mit unserer königlichen Orgel: Eine Expertengruppe aus der Heimatgemeinde besucht die Königin in der Orgelbauwerkstatt Rieger. Die Restaurierungsarbeiten sind dort inzwischen gut vorangekommen. Die Bilderauswahl zeigt ein paar Details.
So sind die Pfeifen des Salizet 16' aus Schwellwerk 2 um einige Zentimeter verlängert worden, um ihren Klang nach historischer Vorlage zu korrigieren. Der Hauptbalg ist neu beledert und außen mit Papier abgedichtet. Für das neue Auxiliarwerk ist das Gehäuse bereits gezimmert – samt extra dicker Schwellklappen, die die Lautstärke von ganz leise bis laut gut regulierbar machen. Die elektrischen Relaisschalter sind erneuert: jetzt ohne gefährliche Kabel am Holz ... Die große Windlade des Hauptwerks ist überarbeitet. Und alle Pfeifen werden Stück für Stück nachintoniert: eine Sisiphusarbeit. Hinten sind die großen roten Holzbecher der Posaune 32' gut zu erkennen. Nur die Principale des Prospekts müssen noch warten, bis auch sie endlich an der Reihe sind.
Die große Auenorgel ist vorübergehend nicht da – da schaffen wir doch mal eben Ersatz. Zum Aktionstag im September treffen sich interessierte Kinder und Erwachsene in der Kirche, um selbst eine Pfeifenorgel zu bauen. Eine richtig echte, mit allem Drum und Dran, nur im Kleinformat!
Den Bausatz stellt die Landeskirche leihweise zur Verfügung. Und schon geht's los. Aus dem Tausend-Teile-Puzzle auf dem Tisch entsteht tatsächlich Stück für Stück eine Miniorgel. Windbalg, Gestell, Windlade, Pfeifen, Tasten: Es ist alles dran, was eine Orgel braucht. Zum Beweis darf jeder mal die Tasten testen. Und siehe da: Sie spielt! – Doch wenn der Kantor die Orgel bedient, klingt's einfach am besten.
Große und Kleine haben Spaß an der Sache und ein tolles Erfolgserlebnis. Und auf spielerische Weise gelernt, wie eine Pfeifenorgel funktioniert.
Neue Bilder erlauben einen weiteren Blick in die Orgelbauwerkstatt. Seit Wochen wird dort intensiv an der Auenorgel gearbeitet, und es gibt sichtbare Fortschritte.
Holzbau: Auf dem kleinen Foto oben links wird ein Schwellwerksgehäuse aufgearbeitet, indem zunächst der alte Lack entfernt wird. Im Bild darunter ist eine historische Windlade bereits mit neuen Bauteilen ergänzt; die Kombination alter und neuer Holzelemente ist gut erkennbar. Unten wird ein Schwellwerk neu bzw. rekonstruiert und dazu in der Werkshalle als Ganzes aufgebaut. Je nach offener (wie im Bild) oder geschlossener Stellung der Lamellen dringt später wieder viel oder wenig Klang heraus – das ganze Gehäuse ist gewissermaßen ein Lautstärkeregler für die darin befindlichen Pfeifen.
Elektrik: Aufgrund aktueller Sicherheitsbestimmungen und Brandschutznormen müssen stromführende Leitungen zum Teil neu gefasst werden. Hier werden Relais, die einzelne Ventile ansteuern, neu verlötet.